Erinnerung an die Kindheit -Weihnachten-
Es war in einem kleinen, wunderbaren Dorf mitten in Franken…
Es gab Schnee von Dezember bis März, meist 30 bis 40 cm hoch.
Weihnachtsbaumschonungen oder –Verkäufer gab es noch nicht, und so stapfte unser Papa mit uns Kindern durch den Schnee in den 1 km entfernten Wald, um unseren Weihnachtsbaum zu finden.
Mehrere Tannen wurden gerüttelt und vom Schnee befreit, bis wir den schönsten Baum gefunden hatten. Papa neigte den Baum zur Seite und ich durfte mit der kleinen Handsäge diesen, unseren Weihnachtsbaum absägen.
Stolz brachten wir ihn nach Hause, zwängten ihn in den geschmiedeten Ständer und stellten ihn ins Wohnzimmer, um darauf zu warten, dass unsere Mutter ihn bewunderte.
„Jetzt schaut euch mal an, wie das hier aussieht, alles voll Schnee und Wasser, jetzt kann ich gleich nochmal wischen…“ Recht hatte sie und etwas kleinlaut zogen wir uns ins Kinderzimmer zurück und überließen es unserem Vater das „Donnerwetter“ zu ertragen.
Ab jetzt war es uns Kindern nicht mehr erlaubt, das Wohnzimmer zu betreten, um die „Engel beim Schmücken des Baumes und beim Verteilen der Geschenke“ nicht zu stören. Längst hatten wir unseren Wunschzettel –schön mit selbstgemalten Bildern verziert- geschrieben und waren neugierig, welche unserer Wünsche in Erfüllung gehen würden.
Dann kam endlich Heiligabend. Damals galt noch das Kirchengebot, wenn man zur Kommunion gehen wollte, durfte man 4 Stunden vorher nichts mehr essen und 2 Stunden vorher nichts trinken, um die Besonderheit des Abendmahls zu würdigen.
Deshalb gab es um 15 Uhr Kaffee, - für die Kinder heißen Kakao- und 1 Stück selbstgebackenen Stollen. Pünktlich um 17 Uhr war dann Bescherung und diese 2 Stunden wollten einfach nicht vergehen. Um die Zeit zu verkürzen erzählte Oma Geschichten. Ich liebte diese Geschichten! So erfuhr ich, dass das Christkind es ja gar nicht alleine schaffen würde,
die vielen Wünsche der Kinder zu erfüllen. Deshalb halfen ihm viele Engelchen dabei, und weil manche Kinder ihre Wunschzettel sehr spät schreiben würden, könnte man sogar noch an Heiligabend, wenn es dunkel ist sehen, wie Sternschnuppen vom Himmel zur Erde fliegen, das waren dann noch einzelne Engel, die in letzter Minute diese verspäteten Wünsche zu erfüllen versuchten.
Dann war endlich Bescherung. Der Tannenbaum war mit bunten Kugeln, geschmückt, die im Licht der Kerzen funkelten, Lametta und Wunderkerzen taten ein Übriges, um ein Staunen in unseren Kinderaugen zu erzeugen. An einigen Zweigen hingen Schokoladenkringel (die man aber erst nach dem 2. Weihnachtstag –und immer nur EINEN Kringel- essen durfte). Der Plattenspieler spielte endlos Weihnachtslieder und wir sangen brav „Ihr Kinderlein kommet“ und „Stille Nacht, Heilige Nacht“. Natürlich versuchten wir dabei zu ergründen, was wohl in den weihnachtlich verpackten Kartons sein könnte.
Dann war es endlich soweit. Auf jedem Päckchen hing ein Zettel: „Für Mama“, „Für Papa“, Für Oma“ oder es stand mein Name darauf oder der meiner Geschwister. Das Weihnachtspapier wurde mit Hilfe von Papa´s Taschenmesser säuberlich entfernt und für das nächste Jahr verwahrt.
Selbstgestrickte Kniestrümpfe von Oma, dazu ein Paar Fäustlinge und von Mama ein selbstgestrickter neuer Pullover und endlich ein Matchboxauto für mich und eines für meinen Bruder. Kein normales Auto, nein, diesmal hatte ich ein Feuerwehrauto und mein Bruder einen Abschleppwagen mit Kran. Für alle zusammen gab es noch einen neuen Schlitten und ein Päckchen mit Süßigkeiten!
Dann war es 20 Uhr, ich zog meinen neuen Pullover an, steckte mein Matchboxauto in die Tasche und wir gingen alle ins Dorf, um zu sehen, was wohl unsere Freunde bekommen hatten. Wir durften mit den anderen spielen, und mein Feuerwehrauto wurde entsprechend gewürdigt.
Es war 23 Uhr, „Kinder anziehen, packt eure Sachen ein, es wird Zeit, wir gehen zur Mitternachtsmesse!“ Der Wind hatte den Schnee über die Straße geweht und wir versanken lachend manchmal bis zum Bauch in einer Schneewehe. So brauchten wir für die 2 km bis zur Kirche fast eine Stunde.
In der Kirche war es angenehm warm, ein großer, geschmückter Weihnachtsbaum stand neben dem Altar und darunter die Krippe.
Andächtig lauschten wir der Weihnachtsgeschichte, ok, manche konnten es nicht lassen und erzählten sich, was sie tolles bekommen hatten, aber weil Weihnachten war, gab es keine Ohrfeige, sondern nur eine eindringliche Ermahnung.
Die Lichter gingen aus, nur der Weihnachtsbaum strahlte, die Blaskapelle begann zu spielen und ergriffen sangen alle, so gut sie eben konnten „Stille Nacht, Heilige Nacht“. Es hatte gefroren und der Schnee knirschte unter unseren Füßen, als wir uns auf den Heimweg machten. Ich lief voraus und wartete auf dem Hügel. Die 3 Straßenlaternen gaben unter ihrer Schneehaube nur wenig Licht und so erschien der Sternenhimmel mit dem Band der Milchstraße besonders hell, - eine beeindruckende Kulisse, wie gemacht für das Weihnachtsfest.
Fasziniert sah ich zu den Sternen, da erschien eine Hand voll Sternschnuppen und die letzte Sternschnuppe war besonders groß, „fast wie der Weihnachtsstern“, dachte ich. Die Sternschnuppe erschien über dem Wald und es war, als würde sie direkt vor dem Wald auf die Erde fallen und verschwinden.
Wie immer wartete mein Vater zu Hause auf uns. Er hatte „Schwedenhappen“ (ein Heringssalat) gemacht und Pellkartoffeln gekocht. Hering war so gar nicht das Lieblingsessen von uns Kindern, aber 2 heiße Pellkartoffeln mit Salz und Butter… KÖSTLICH nach dem kalten Heimweg
.Natürlich musste ich meiner Oma von der großen Sternschnuppe erzählen. „Man sagt, da wo die Sternschnuppe auf die Erde fällt liegt ein großer Klumpen Gold versteckt“, sagte sie. „Hoffentlich hast Du Dir die Stelle gemerkt“ erwiderte mein Vater. „Natürlich, ganz genau“, sagte ich. „Ja, dann können wir ja morgen dort den Goldklumpen holen.
Am besten, wir nehmen den Schlitten mit, der Klumpen ist bestimmt schwer.“ Schon war der Weihnachtsspaziergang vereinbart. –Wie jedes Jahr. Meine Mutter wollte am Vormittag ihre Ruhe haben, wenn sie den Gänsebraten mit Klößen und Rotkraut in der Küche vorbereitete.
Nach dem Frühstück machten wir uns gleich auf den Weg. Mein kleiner Bruder auf dem neuen Schlitten und Papa und ich zogen ihn. Als wir am Waldrand waren sagte mein Vater: „Du musst da suchen, wo der Schnee geschmolzen ist, weil Sternschnuppen sehr heiß sind“. Ich suchte… natürlich erfolglos! „Macht nichts“, sagte mein Vater nach einer Weile, „nächste Weihnachten prägst Du Dir die Stelle ganz genau ein! Und jetzt lass uns zum Rodelhang gehen, die anderen Kinder sind bestimmt schon da“. 3 Abfahrten später mussten wir leider schon aufbrechen, es war Mittag und meine Mutter wartete nicht gerne mit dem Essen.
Zu meiner Freude gab es auch noch Schokoladenpudding als Nachtisch. Der „verlorene Goldschatz“ war schnell vergessen. Später fragte ich meinen Vater, ob diese Geschichten tatsächlich wahr sind. Er antwortete diplomatisch;
„In jeder Geschichte ist ein Körnchen Wahrheit. Wenn sie es erreicht, Dich etwas glücklich zu machen, oder ein Lächeln in Dein Gesicht zaubert, ist das dann nicht irgendwie ein himmlisches Geschenk?“
Später habe ich den Satz eines weisen Mannes gelesen:
„Das Glück ist das einzige Gut, das sich verdoppelt, wenn man es teilt!“
So wünsche ich euch, dass ihr euer Glück mit ganz vielen Menschen teilen könnt!
… und Frieden für alle Menschen auf Erden!
Frohe Weihnachten!